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Und so kam ich in die DomRep

Ich bin bisher nie dazu gekommen, zu berichten, wie ich hierhin, auf die wunderschöne paradiesische Karibikinsel gelangt bin. Ihr werdet bestimmt nachvollziehen können, wieso es ohne die Hilfe Jehovas unmöglich gewesen wäre.

Also...
Spanien, August 2008. Sveta und ich verbringen einige Zeit bei Freunden in Barcelona. Zur selben Zeit besucht eine Schwester, Vanessa, aus Schweden eine Familie in deren Versammlung. Während einer längeren Autofahrt komme ich mit ihr ins Gespräch. Mir ist aufgefallen, dass sie erstaunlich gut Spanisch spricht, also erzählt sie mir mit leuchtenden Augen und voller Begeisterung von ihrer Zeit in der Dominikanischen Republik.

Ich muss dabei sagen, dass ich mir besonders in diesen Tagen viele Gedanken über die Zeit nach der Ausbildung gemacht habe, die ich in einigen Monaten abschließen würde. Bereits dann hatte ich Pläne, ins Ausland zu gehen. Zugleich wollte ich mich bestmöglich für Jehova einsetzen. Hatte viel gebetet und mir Tag für Tag 1000e von Fragen gestellt. Alles in einem war es eine unangenehme Ungewissheit, die mich nicht losließ. Wer dabei war, kann sich sicher an der Sondervortrag von Br. Guy Pierce  in Duisburg einige Monate vorher im Juni erinnern - "Das ewige Leben fest ergreifen". Und wie er darüber sprach, dass im neuen System nicht so viel die Geschichte von Lot und Noah, usw. interessant sein wird, wie das, was wir ihnen erzählen können, weil wir in der entscheidendsten Zeit der Menschheit gelebt haben. Er fragte: "Was ist Eure Geschichte?" Diese Frage hatte sich sehr eingeprägt und beschäftigte mich. Was ich für eine Bildung habe, welchen Job ich machte, wie meine Freizeit gestaltete, usw. - das würde keinen interessieren: "Who cares?" Aber wie ich meinen Beitrag zum Predigtwerk geleistet habe, das will ich erzählen können.

Und nun zurück nach Barcelona und zur Autofahrt mit Vanessa: Sie hat ihre Erzählung gerade beendet und mir wird klar, dass Jehova ganz genau weiß, was wir fühlen und durchleben. Denn es ist für mich ein Hinweis und ich bin fest entschlossen, diesem zu folgen. Sveta hat während der Zeit geschlafen und ist leicht verwirrt, als ich ihr nach der Autofahrt verkünde: Ich gehe nächstes Jahr in die Dominikanische Republik! :) (Zugegeben, habe ich bis dahin nicht einmal gewusst, wo das ist.. dachte es wäre Afrika^^).

In meiner ersten Woche zurück im Betrieb, spreche ich sofort mit meiner Chefin über meine Pläne und dass ich deswegen nach der Ausbildung nicht übernommen werden will. Da meine Reise erst im September losgehen soll, biete ich an, ein halbes Jahr auf Teilzeit zu bleiben. Das kann sie mir nicht versprechen, und so bin ich ab Februar dieses Jahres auf einmal arbeitslos. Aber nicht in der Organisation Jehovas. Ab März bin ich im Dauerhilfspionierdienst und kann außerdem bei der Organisation des Internationalen Kongresses in der Unterkunftsabteilung mitwirken. Die enge Zusammenarbeit mit den Brüdern und Schwestern, einige davon waren Sonderpioniere, andere Missionare, ist eine wahre Ermunterung und Freude. Deren Erlebnisse und Erfahrungen, die während gemeinsamer Mahlzeiten geteilt werden, machen mir eine große Vorfreude, auf das, was mich selbst sehr bald erwartet. Um nichts in der Welt würde ich diese Zeit eintauschen wollen.

Mit den Vorbereitungen beginne ich im Februar:
Brief und Empfehlung der Ältesten müssen geschrieben werden (in Spanisch), Impfungen, Bankangelegenheiten, Krankenversicherung, Spanisch lernen, usw...

Ich muss dabei sagen, dass sich zwischendurch noch ein Bruder und eine Schwester aus Barcelona bei mir melden, die gerne mitkommen würden. Da sie keine sprachlichen Probleme haben würden, bieten sie an, die Korrespondenz mit der Dominikanischen Republik über ihre Versammlung zu übernehmen. Also leite ich meine Briefe und Empfehlungsschreiben der Ältesten an sie weiter und vertraue auf ihr: "Wir haben noch soooooooo viel Zeit!".

 
Als ich dann im Juni mit Freundinnen nach Barcelona fahre, muss ich feststellen, dass immer noch nichts verschickt wurde und dass die Schwester aus finanziellen Gründen nicht mitfahren könnte. Und wieder heißt es: "Wir haben noch sooooooooooo viel Zeit!"  Bethel in Madrid gibt uns die Information, dass wir eine Versammlung in DR direkt anschreiben sollen, weil sich das Bethel in der Regel mit Kurzaufenthalten (bin 1 Jahr) nicht beschäftigen würde. Also kontaktieren wir über Bekannte eine Schwester in Santiago, DR, die verspricht, sich um eine Bleibe für die erste Zeit für uns zu kümmern. Etwas beruhigt und von den Brüdern versichert, dass sie die Versammlung in Santiago anschreiben werden, fahre ich zurück nach Hause.
Nur noch z w e i  Monate bis zum Abflug!

Apropos Abflug. Einen Flug kann ich noch nicht buchen. Zum einen, weil zuerst feststehen muss, wohin es gehen soll und zum anderen, weil ich keine Fluggesellschaft finde, die mich Oneway mitnehmen würde. Denn ohne Visum, würde das nicht gehen, aber der Antrag auf ein Visum setzt zugleich einen Rückflug voraus und diese gibt es ein Jahr im Voraus nicht. Im Großen und Ganzen ist es mit den Visasachen ein ganzes Chaos. Das Kosulat in Hamburg sagt: Visum!, in Madrid: Keins, nur eine Touristenkarte vor Ort. Die Reisebüros sind mit meinen Fragen überfordert und Internetforen sind leicht kriminell in ihrer Visabearbeitung ;).

Wir schreiben Juli 2009, eineinhalb Monate bis zum Abflug.
Ich bekomme die Information, dass nun auch der Bruder aus Barcelona nicht mitkommt, dass die Briefe nicht verschickt sind und dass die Schwester aus Santiago, unsere einzige Kontaktperson, ausgeschloßen wurde.
Einige Infos am Rande: Meine Eltern sind gerade aus NRW nach Bayern gezogen und ich, absolut heimatlos, wohne buchstäblich auf Koffern im Wohnzimmer meiner Freundin. Dass ich den Job aufgegeben habe, wisst ihr schon. Dazu kommt, dass ich ab September auch offiziell vom Arbeitsamt abgemeldet bin. Und ja.. einige haben sich bereits von mir verabschiedet!
Alles in einem eine ziemlich heikle, leicht vom Stress angehauchte Situation. Aber wir bleiben positiv...

Bereits vorher habe ich mit dem Missionarpaar, Michael und Dagmar, aus unserer spanischen Gruppe gesprochen. Sie waren zwar in Ecuador, verbrachten aber einige Zeit in der Dominikanischen Republik im Bethel. So haben sie einen Bruder kennengelernt, der mit seiner Frau jetzt bereits 21 Jahre dort als Missionar tätig ist. Er meinte, wenn ich Hilfe bräuchte, könnte dieser mir helfen. Und das war so ein Moment!
Also schicke ich alle meine Briefe zu Michael, diese leitet er mit eigenem Empfehlungsschreiben an Bethel, Dominikanische Republik, weiter. Und jetzt nur noch auf die Antwort warten.

Es ist Anfang August, d r e i  Wochen bis zum "Abflug"!
Seit drei Wochen k e i n e  A n t w o r t. Kein Flug. Keine Ahnung, wie es weitergehen soll.
Ich bin immer noch fest entschlossen, werde aber langsam unruhig. Michael hat die Idee mich nach Ecuador zu schicken. Meine Eltern sagen, ich soll einfach nach Bayern kommen..ist ja fast Ausland ;).
Ein Bruder aus Bethel kommt mit einem Vortrag zu uns. Sein Thema: "Deine Stelle in der Organisation Jehovas". Es geht um den Wagen Jehovas aus Hesekiel. Und dass wir uns in die Richtung wenden müssen, welche dieser einschlägt und nicht, wohin es uns selbst als richtig erscheint. Mit dem Gedanken im Hinterkopf: "Wahrscheinlich will Jehova mich woanders einsetzten, nicht in der DR.", fahre ich nach Hause. Ich bin auf einmal ganz ruhig. Schließlich ist es doch wahr: Ich tue es nicht für mich, sondern für Jehova. Er würde mir auf jeden Fall helfen, wenn er das gutheißen würde. Wenn es also nicht klappt, dann gibt´s auch hier genug zu tun. .. trotzdem bisschen traurig.

Was ich noch nicht weiß, dass während des Vortrags eine Email aus Bethel der Dominikanischen Republik gekommen ist. Eine Antwort von Bruder Thomson, der schreibt, dass sie mich erwarten und mich abholen würden und ich die erste Zeit in Bethel ein Zimmer hätte, bis sie mich einer Versammlung zugeteilt haben... Ein Luftsprung an dieser Stelle.

Z w e i  Wochen bis zum Abflug.
Ganz passend ergibt sich ein wirklich günstiger Flug, Oneway, nonstop nach Santo Domingo. Es ist eine 24h Aktion. Da ich das dominikanische Konsulat nicht anrufen kann, weil weder das Telefon noch das Handy geht, buche ich einfach. Keine Sorge, Jehova will eindeutig, dass ich gehe, also wird´s sicher klappen. Dem Kosulat habe ich eine Emailanfrage geschickt, ob sie mir mit Oneway ein Visum ausstellen würden. Ich bekomme einen Anruf: Ja, kein Problem. Was die Homepage sagt, sei sowieso schon alt. (Das lässt mich schon bisschen die Mentalität vorahnen). Ich soll bezahlen und meinen Reisepass mit dem Antrag abschicken. Eine Woche müsste ich warten.

Letzte Woche vor dem Abflug.
Montag, nichts. Dienstag, nichts. Mittwoch, nichts. Sonntag ist der Flug. Ich rufe das Konsulat an. "Wie gut, dass Sie uns daran erinnern, wir schicken es heute raus."
Donnerstag, nichts. Freitag, nichts. Meine Koffer werden gepackt, Verabschiedungen, letzte Kleinigkeiten erledigt. Samstag morgen, ein Tag vor dem Abflug. Ein Klingeln an der Tür, der Postbote, ein Einschreiben: Mein Reisepass!
Es kann nichts mehr schiefgehen. Oder? ...

Sonntag. Flughafen. Check-In-Schalter. Die Dame fragt: "Wann fliegen Sie zurück?" - "Es ist ein Oneway!"  Sie klappt den Reisepass zu und schiebt ihn zusammen mit dem Ticket zu mir zurück:  "Wir können Sie leider nicht mitnehmen."

Wäre mir etwas Schweres, sagen wir ein Gullydeckel, auf den Kopf gefallen, hätte es sich bestimmt genauso angefühlt...

Ich schließe kurz die Augen, Atmen!, schiebe die Dokumente wieder in ihre Richtung, zeige auf den Reisepass und sage ganz langsam, mit einem Kloß im Hals: "Hinten ist ein Visum." -
"Ach so... wie viele Gepäckstücke haben Sie? ...".

Nach einem schweren Abschiednehmen von von meiner Sveta, sitze ich tatsächlich im Flugzeug. Die Stewardess gibt Sicherheitsanweisungen und ich denke, dass nur noch ein Absturz verhindern würde, dass ich in Santo Domingo ankomme.

1.September 2009, Santo Domingo, 4:00 Ortszeit, 10h Flug hinter mir. Ich steige aus dem Flugzeug, ein Schlag heißer, feuchter Luft kommt mir aus der Dunkelheit entgegen. Ich atme sie tief ein.
"Senorita, por aqui.." -
"Gracias."

PS:
Übrigens kommt der Bruder aus Barcelona jetzt doch noch für einen Monat im Dezember. Er hat mich nach meiner Hilfe bezüglich dem Kontakt zum Bethel gefragt. Ich habe ihm versichert: "Du hast noch sooooooooooo viel Zeit!" ;)